Glitzer, Glamour, Benefiz – Regenbogengala am Welt-AIDS-Tag

Autor: Marcel Kückelhaus

Mit Standing-Ovation und „Bohemian Rapsody“ (und ganz viel Glitzer) wurde die Regenbogen Benefizgala im Nationaltheater Mannheim am 01.12.2019 beschlossen. Am Welt-Aids-Tag strömten die Menschen ins Theater, um nicht nur die LGBTQ-Community, sondern all jene, die an den Folgen von AIDS leiden, mit ihren Spenden zu unterstützen.

            Dazu war ein schillerndes Programm vorbereitet, mit Gesang, Tanz und Schauspiel. Der Abend wurde mit einem Engel auf der Bühne und Pop- und Rock-Gesängen eingeläutet und von einer Tanzperformance mit dem Titel „Birth of a New Generation“ fortgeführt. Während ersteres noch leicht zugänglich war, brauchte man für zweiteres entweder ein besseres Kunstverständnis oder ein zweites Glas Wein, um zu verstehen, was mit den Menschen in ihren Ganzkörperpräservativen gemeint war. Was es auch immer war, schön sah es allemal aus! Und der Blick auf jene durchtrainierten Körper hat vielleicht den einen oder die andere dazu veranlasst darüber nachzudenken, die Adventszeit zu einer Fastenzeit werden zu lassen – doch wie das so ist, man hat in der Fastenzeit ja fast nie Zeit zu fasten, da man so viel Essen fassen kann.

            Weiter ging es mit Beiträgen des klassischen Gesangs und einem Ausschnitt aus der Theatersparte. Reichtum und Ruhm waren die Themen, mit Perlen im Dekolleté und einem Schriftsteller, dem das Rampenlicht nicht mehr folgt – die Botschaft hier schon deutlicher: Wer zu weit nach oben strebt und den Kontakt zum Boden verliert, macht sich lächerlich. Viel zu lachen gab es auch beim Ehrengast Georgette Dee, die mit ihren erzählerischen Gesangseinlagen nicht nur die Gefühle, sondern auch die Lachmuskeln der Gäste beanspruchte, als sie über ihre Begegnung mit „Rundschultermenschen“ sprach und ihre Zugabe in „dichter“ Sprache sang. Denn wie schon Goethe schrieb: „Wenn ihr den Wein getrunken habt, seid ihr alles doppelt, was ihr sein sollt“ – doppelt so lustig war sie allemal!

            Ebenfalls an die Gefühle ging die Vertonung des Gedichts „Down by the Sally Gardens“ (W.B. Yeats) gesungen von Christopher Diffey. Dieser bereicherte den Abend außerdem mit einer gefühlvollen Widmung an seinen Großvater, der an den Folgen von AIDS verstarb. Einen musikalischen Gegensatz bildete da der Jazz-Musiker Erik Leuthäuser, der mit fast schon extraterrestrischen Lauten die Zuschauer*innen verzauberte. Über allem waberte eine Wolke der Akzeptanz und der Liebe und vermutlich nicht von ungefähr tanzten die Künstler*innen zum Ende hin zu „L’amour est un oiseau rebelle“, denn wie es dort heißt: „wenn Du mich nicht liebst, dann liebe ich Dich“.

            Am Ende blieben viel Licht und Freude und das Gefühl der Unterstützung von allen für alle. Insbesondre galt die Unterstützung an diesem Abend jedoch dem Benefiz Rhein-Neckar e.V., der sich seit 15 Jahren für die AIDS-Prävention und die Unterstützung HIV-Infizierter Menschen einsetzt.

Für mehr Informationen der Arbeit des Benefiz Rhein-Neckar e.V. siehe: https://www.regenbogenfest.de/Mehr Informationen zum Thema AIDS und dem AIDS-Welt-Tag findest Du unter: https://www.welt-aids-tag.de/ ; https://www.aidshilfe.de/ und https://aids-stiftung.de/

»Gibst du mir einen Kuss?« – 22. Heidelberger Theatertage starten intensiv und emotionsreich

Autor: Marcel Kückelhaus

»Gibst du mir einen Kuss?« fragt der Protagonist im Laufe des Stückes immer wieder. Für den jungen Anton ist die Frage ein Ruf nach mütterlicher Zuneigung, für den erwachsenen Antonio steht sie für die Sehnsucht nach Akzeptanz und vielleicht auch romantischer Liebe. Ungeachtet seines Alters bittet der Protagonist jedoch auch nach der Anerkennung seiner Menschlichkeit, welche die Gesellschaft ihm verweigert.  

Marco Michel aus Berlin verkörperte bei seinem Beitrag am 07.11.2019 für die 22. Heidelberger Theatertage Ein Kuss – Antonio Ligabue den schweizerisch-italienischen Maler Antonio Ligabue. Als verhaltensauffällige Waise wird dieser nach Aufenthalten in Waisenhäusern und Psychiatrien letztendlich in das Heimatland seines Stiefvaters abgeschoben – Italien. Als verkanntes Talent wird er von der Gesellschaft ausgestoßen, verlacht und ausgenutzt, bis er sich selbst aus der quälenden Umgebung zurückzieht und ein Leben in Einsamkeit im Wald beginnt. Erst als ein anderer Maler seine Hütte aufsucht und ihm Zugang zu seinem Atelier gewährt, erkennen die anderen ihn für das, was er seit seiner Kindheit war: ein künstlerisches Genie. Doch erst durch seinen Tod akzeptiert die Gesellschaft Antonio Ligabue in ihrem Kreis und weiß selbst dann noch sein Andenken auszunutzen – der Verlust eines Künstlers wird zum finanziellen Gewinn jener, die nun scheinheilig voller Bedauern seine Bilder auf den Markt bringen und ihre Taschen füllen.

Marco Michels Auftritt als Antonio Ligabue ist intensiv, aufrührend und eindringlich. Die Bilder, die er live auf der Bühne zeichnet, sind nicht nur reine Kulisse – er malt Atmosphäre! Seine Kohlezeichnungen sind die eindrucksvolle Verkörperung der Charaktere, denen er allein seine Stimme leiht. Sie sprechen durch ihn und seine Bilder, sie engen ihn ein und grenzen ihn aus, und das Publikum wird ein Teil dieser Ausgrenzung. Wir, die Gesellschaft, sitzen auf der einen Seite und starren neugierig auf jenen, der anders ist wie auf ein wildes Tier im Wald. Dann hält uns der Protagonist einen Spiegel vor, blendet uns und zwingt uns den Blick abzuwenden, um dann eine andere Perspektive einzunehmen und den Ausgegrenzten wahrzunehmen.

Das Theaterstück von Mario Perrotta thematisiert die Problematik der Zugehörigkeit und der Ausgrenzung – der Kunst und des Wahnsinns. Die Erfüllung der Sehnsucht des Individuums abhängig von den anderen:

 »Gibst du mir einen Kuss?« – »Nächstes Mal, Anton, nächstes Mal…«

Dies war der erste Beitrag im Rennen um den 22. Heidelberger Theaterpreis. Wer Interesse an weiteren Beiträgen aus der ganzen Bundesrepublik hat findet Informationen unter: https://www.theaterverein-hd.de/2019-programm.

Tickets gibt es für Studierende im Vorverkauf jeden Montag und Donnerstag zwischen 11:00 und 13:00 Uhr im Germanistischen Seminar (Palais Boisserée) für 7€. Tickets an der Abendkasse kosten ab 8,70€.